Letokruhy – Štroblová Jana (2022)

Die Gedichtanthologie der bedeutenden tschechischen Dichterin Jana Štroblová zeichnet den bemerkenswert langen Weg der Autorin von ihrem Debütwerk Protěž, das 1958, noch während ihres Studiums, erschien, bis zur Sammlung Měsíc tak pošetile modrý aus dem Jahr 2021 nach. Während die ersten beiden Sammlungen von der Liebe geblendet sind, enthält die dritte (Hostinec u dvou srdcí) bereits so viel Skepsis, dass zwei Gedichte daraus von Hana Hegerová vertont wurden. Die Veröffentlichung eines weiteren Gedichtbandes (Torza, 1970) ist größtenteils eine Reaktion auf die Zeit von der Ankunft der Truppen 1968 bis zu Palachs Tod. Die darin enthaltenen Andeutungen und poetischen Bilder sind so eindringlich, dass zwei längere Gedichte in die Exilzeitschrift für Politik und Kultur, Svědectví, aufgenommen wurden. Dies machte es der Dichterin für gut zehn Jahre unmöglich, Gedichte zu veröffentlichen und in ihrem Fachgebiet Arbeit zu finden. Ihre Verse waren und sind jedoch nie explizit politisch; die Autorin überträgt alle Erfahrungen, Gefühle und Emotionen in den Bereich des Persönlichen und Existenziellen. Der nach einer erzwungenen Pause 1980 erschienene Gedichtband Úplněk belegt dies. Hier zeichnen sich bereits einige für ihr späteres poetisches Werk charakteristische Themenkreise ab: Liebe, Tod, Gott, Elemente, Natur, Träume. All diese Motive entwickeln sich im Laufe der Zeit, gewinnen an Dringlichkeit und Tiefe – als ob…