Snivci a trosečníci – Nemrava Daniel (2014)

Wie spiegelt sich die politische Lage in der zeitgenössischen Literatur wider? Diese Frage versucht Daniel Nemrava in seinem Buch zu beantworten. Darin präsentiert er Prosawerke lateinamerikanischer Autoren, darunter des Argentiniers Manuel Puig, der Kubaner Reinaldo Arenas und Abilio Estévez, des Nicaraguaners Sergio Ramírez und des chilenischen Weltenbummlers Roberto Bolaño. Nemrava verortet ihre Werke im politischen Kontext der lateinamerikanischen Diktaturen der 1970er-Jahre und der fragilen Demokratien der 1980er- und 1990er-Jahre. Er hebt die extreme Politisierung des literarischen Feldes in den 1970er-Jahren hervor, die sich später in flüchtige Euphorie, ein Spiegelbild von Traumata und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Resignation, Desillusionierung, Enttäuschung und Orientierungslosigkeit wandelte. Die ausgewählten Prosatexte reflektieren die Themen Macht, Gewalt und Diktatur durch verschiedene Erzählstrategien. Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Unfreiheit und die Kommunizierbarkeit von Erfahrungen darzustellen, die zuvor zu dem geführt hatten, was Adorno die Krise der Erzählung nannte, ist ein gemeinsamer Nenner dieser Romane. Nemravas Studie veranschaulicht nicht nur, wie der politische Kontext die Entwicklung der Literatur in der Region unmittelbar beeinflusst, sondern bietet auch eine originelle Interpretation des faszinierenden literarischen Universums der zeitgenössischen lateinamerikanischen Literatur.