Umění a kýč – Kulka Tomáš (2022)

„Lieber Tomáš, du schreibst mir melancholisch, dass dein Buch über Kitsch nicht ‚politisch korrekt‘ sei, dass der Postmodernismus die Unterscheidung zwischen Kitsch und Kunst längst verwischt habe, dass Kitsch so allgegenwärtig geworden sei, dass seine Entlarvung wie ein Ausdruck von Elitarismus wirke. Ja, genau so ist es. Über Kitsch zu sprechen ist unangebracht geworden, gerade jetzt, wo die Welt selbst kitschig geworden ist. Kafka schreibt über Bürokratie zu einer Zeit, als diese noch fast unschuldig war. Sobald sie unser Leben vollständig vereinnahmt hatte, wurde sie zur Selbstverständlichkeit und damit unsichtbar. Jaromír John schrieb den Roman „Der explosive Übeltäter“, in dem er den Schrecken des Automobils beschreibt; doch damals gab es in Prag nur sehr wenige davon. Was ich sagen will: Ein Phänomen ist in all seinem Schrecken nur erkennbar, solange es noch nicht weit verbreitet ist. Sobald es weit verbreitet ist, wird es zu etwas ‚Natürlichem‘ (etwas, das wir von Geburt an kennen, worauf wir uns verlassen, etwas, das uns nicht überrascht). Wir sind heute von Kitsch umgeben wie …“ Nie zuvor: überall, im Fernsehen, in Zeitungen, im Privatleben, in der Politik. Selbst der Krieg wird heute als Kitsch dargestellt (man sehe sich nur an, wie über Sarajevo geschrieben wird!). Und genau deshalb ist Ihr Buch, selbst wenn es nicht verstanden wird, nötiger denn je. Ihr Milan“ (Brief von Milan Kundera an Tomáš Kulka aus Paris nach Jerusalem). Das Buch untersucht sowohl das Spezifische …