Doktor Mráz – Fulmeková Denisa (2020)

Eines Tages im April 1939 liest der Anwalt Albert Mráz in der Wochenzeitung „Gardista“ einen vernichtenden Artikel über sich selbst. Darin behauptet ein anonymer Autor, der jüdische Anwalt Albert Marton, dessen Name in der Region Angst und Schrecken verbreitet, habe kürzlich seinen Namen in Mráz geändert, um die slowakische Bevölkerung weiterhin auszubeuten und zu bestehlen. Der Artikel fordert, diesem jüdischen Ausbeuteranwalt die weitere Ausübung seines Berufs zu untersagen. Von diesem Moment an entfaltet sich die Geschichte einer Familie, die zunächst ihre Arbeit und ihr Eigentum, später aber ihr Überleben rettet. Die erfahrene slowakische Schriftstellerin kehrt in ihrem Roman in die Zeit des sogenannten slowakischen Staates von 1939 bis 1945 zurück und verfolgt das Schicksal einer jüdisch-slowakischen Familie, insbesondere ihren Kampf ums Überleben. Die Autorin greift damit ein Thema auf, das in der slowakischen Literatur bis heute aktuell und relevant ist: den slowakischen Antisemitismus und die Verwicklung der slowakischen Gesellschaft in den Holocaust. Der Roman wechselt zwischen Passagen, die die Ereignisse der damaligen Zeit schildern – also der Erzählung des Erzählers – und den Erinnerungen einer der Figuren: der Tochter des Protagonisten, Doktor Mráz, der inzwischen fünfundneunzigjährigen Anna. Dadurch kann die Autorin zwei Perspektiven gegenüberstellen: die Sicht eines Insiders auf die Ereignisse und eine ergänzende, allgemeinere Perspektive von jemandem, der bereits weiß, wohin alles führte und wie es dazu kam.