Mladík / Událost – Ernauxová Annie (2023)

Ich glaube, dass jede Erfahrung, ungeachtet ihrer Art, ein unbestreitbares Recht darauf hat, festgehalten zu werden. ***** Das Buch präsentiert zwei Texte der Nobelpreisträgerin Annie Ernaux. „Der junge Mann“ ist die Erzählung der fünfzigjährigen Schriftstellerin über eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit einem dreißig Jahre jüngeren Mann. Die Beziehung weckt Erinnerungen an ihre eigene Jugend und Gefühle, als stünde sie außerhalb der Zeit, als würde sie nicht altern oder ihr Leben rückwärts leben. ***** Der zweite Text, „Das Ereignis“, führt die Autorin zurück ins Jahr 1963, zu ihren Tagebucheinträgen. Mit dreiundzwanzig Jahren – als alleinstehende Frau – entdeckt sie, dass sie schwanger ist. Sie ist von Scham erfüllt: Sie versteht, dass die Schwangerschaft sie und ihre Familie gesellschaftlich zerstören würde, und sie weiß auch, dass sie das Kind nicht behalten kann. In Frankreich, wo Abtreibung illegal ist, versucht sie verzweifelt, die Schwangerschaft mit einer Stricknadel zu beenden. In Angst und Verzweiflung sucht sie schließlich einen Abtreibungsarzt auf und landet in der Notaufnahme eines Krankenhauses, wo sie beinahe ihr Leben verliert. In einem vierzig Jahre später verfassten Text geht Ernaux auf das Trauma ein, das sie nie überwunden hat.