1965 brachte Regisseur Stanislav Barabáš ein erschütterndes, aber zutiefst humanistisches Kriegsdrama auf die Leinwand: Den Barfüßigen läuten die Stunden ( Zvony pre bosých ). Vor dem Hintergrund der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs erinnert dieser Film eindringlich an die Absurdität und Grausamkeit des Krieges, vermittelt aber zugleich eine tiefgründige Botschaft des Mitgefühls und der Heiligkeit des menschlichen Lebens, selbst inmitten von Konflikten.
Der Film spielt in den hohen, schneebedeckten slowakischen Bergen, wo die Partisanen Ondrej (Vlado Müller) und Stašek (Ivan Rajniak) mit den sich zurückziehenden Nazi-Truppen aneinandergeraten. Bei einem Gefecht nehmen sie den jungen deutschen Soldaten Hans (Axel Dietrich) gefangen, nachdem sie zwei seiner Kameraden getötet haben. Sie wollen Hans ihrem Kommando zum Verhör übergeben, doch als sie ankommen, entdecken sie, dass das Hauptquartier niedergebrannt ist, und sind mit Hans in der tückischen Wildnis gestrandet.
Auf einer gefährlichen Reise durch das unerbittliche Berggelände finden sich Ondrej, Stašek und Hans in einer unsicheren Allianz zusammen. Hans ist sich bewusst, dass ein Fluchtversuch tödlich sein könnte, da er das Gelände nicht kennt und die brutalen Wetterbedingungen herrschen. Daher ist er gezwungen, seinen Entführern zu vertrauen, was zu einem angespannten und komplexen Zusammenspiel zwischen den drei Männern führt. Unterwegs begegnen sie einer streunenden Bardame, was ihre Dynamik noch komplizierter macht.
Die ganze Zeit werden sie von einer gnadenlosen deutschen Panzereinheit unter der Führung eines Leutnants (Radovan Lukavský) verfolgt und in der unheimlichen Stille der Berge hören sie das leise Läuten von Kirchenglocken, das den Tod ankündigt und immer lauter widerhallt.
Stanislav Barabáš untersucht auf meisterhafte Weise die Absurdität des Krieges, wobei er nach einem Drehbuch von Ivan Bukovčan auf dessen eigenem Buch arbeitet. Der Film zeigt, wie Konflikte allen Menschen Leid zufügen, unabhängig von Nationalität oder Zugehörigkeit. Doch inmitten von Chaos und Brutalität zeigt er die menschliche Fähigkeit zur Empathie und unterstreicht den Wert des Lebens, selbst des Lebens eines vermeintlichen Feindes.
Die Themen des Films werden durch die hervorragenden Leistungen der Besetzung verstärkt. Besonders unvergesslich ist Ivan Rajniak als Stašek, der die moralische Ambiguität eines Partisanen verkörpert, der über das Schicksal eines jungen deutschen Soldaten entscheiden muss. Vlado Müller und Axel Dietrich liefern ebenfalls überzeugende Darstellungen und verleihen ihren Charakteren Tiefe und Nuancen. Radovan Lukavský verleiht der Verfolgung als skrupelloser deutscher Leutnant eine schaurige Präsenz und steigert die Spannung im gesamten Film.
Ein weiteres Highlight ist die Filmmusik, komponiert von Zdeněk Liška. Seine fast symphonische Begleitung verleiht dem Film eine dramatische Intensität und vermischt Ironie und Absurdität mit der Erzählung. Liškas Musik, kombiniert mit Vincent Rosinecs atmosphärischer Kinematographie, schafft eine schaurige und doch fesselnde Atmosphäre, die den existenziellen Ton des Films unterstreicht. Trotz seiner kraftvollen Erzählweise und des Lobes der Kritiker wurde „Die Glocken läuten den Barfüßigen“ nach 1969, während der Unterdrückung nach dem Prager Frühling, aus dem Verleih genommen. Erst nach dem Fall des Kommunismus 1989 tauchte der Film wieder auf und eine neue Generation konnte seine ergreifende Botschaft erfahren.
Dieses slowakische Juwel aus den 1960er Jahren mit seinen wunderbar gestalteten Dialogen, seiner existenziellen Atmosphäre und seinem beißenden ironischen Humor ist ein Beweis für die Stärke des slowakischen Kinos. Seine dramatische Spannung, die sich um das Schicksal des jungen deutschen Soldaten aufbaut, gipfelt in einer denkwürdigen letzten Konfrontation, die an die moralischen Dilemmata erinnert, die in Kachyňas „Bus to Vienna“ behandelt werden. „The Bells Toll for the Barefooted“ ist mehr als nur ein Kriegsdrama; es ist eine eindringliche Auseinandersetzung mit der Menschlichkeit in Zeiten des Konflikts. Durch seine eindringliche Art des Erzählens und die fesselnden Charaktere hinterlässt es beim Zuschauer einen bleibenden Eindruck, eine Erinnerung an die Absurdität des Krieges und den Hoffnungsschimmer, der im Mitgefühl liegt.